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Nov 02, 2017

Ganz auf Linie

Parteitage der Kommunistischen Partei Chinas sind in erster Linie symbolische Rituale zur Orchestrierung der Politik. Die Weichen für die weitere Rezentralisierung der Macht wurden 2017 ebenso gestellt wie die für die Fortführung des neoliberalen Staatskapitalismus. Außenpolitisch dürfte die Führung in Peking ihre bisherige Linie fortführen.

Auf den alle fünf Jahre stattfindenden Parteitagen der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) werden in der Regel keine unerwarteten programmatischen Kurswechsel vollzogen. Vielmehr werden Modifikationen des Partei- und Staatssystems der vorangegangenen Jahre formal abgesegnet. So auch auf dem 19. Parteitag im Oktober 2017.

Die Erarbeitung konsensfähiger Konzepte hatte lange vorher begonnen, in zahlreichen Arbeitssitzungen, teils sogar unter Einbindung externer Berater. Der ganz offiziell in Parteierklärungen eingeräumte Reformstau führte dazu, dass die chinesische Führung Korrekturen des bisherigen Entwicklungsmodells vornehmen musste, was unausweichlich Interessenkonflikte innerhalb der Eliten hervorruft. Mittels so genannter „kleiner Führungsgruppen“, die von Staats- und Parteichef Xi Jinping und seinen Vertrauten geleitet werden, wurden die etablierten, potenziell reformaversen Partei- und Staatsorgane teilweise umgangen. Parallel aber zielten Xi und seine Vertrauten darauf, innerhalb der formalen Führungsgremien strategische Mehrheiten zu gewinnen.

Neue, alte Gesichter

Das scheint geglückt, denn der Parteitag stellte die entsprechenden Weichen. Die bestehende Altersgrenze machte dieses Jahr den Austausch von etwa zwei Dritteln der Partei- und Staatsfunktionäre notwendig. Zusätzlich hat die 2012 von Xi initiierte Antikorruptionskampagne unzählige Parteikader zu Fall gebracht und damit die Machtbeziehungen zwischen den verschiedenen Strömungen und Netzwerken innerhalb der KPCh außerhalb der formal vorgesehenen Zeitfenster verschoben.

In seiner Eröffnungsrede wies Xi auf die Gefahren und Herausforderungen für die Einparteienherrschaft hin und forderte eine pragmatische Weiterentwicklung des chinesischen Sozialismus. Zudem ­differenzierte er seine „Zweimal-Hundert“-­Formel weiter aus, die das 100. Gründungsjubiläum der KPCh (2021) und den 100. Jahrestag der Volksrepublik (2049) als Prüfdaten für den Ausbau des Sozialismus fixiert hatte. Er skizzierte einen Mehrstufenplan des Umbaus zu einer „modernen sozialistischen Großmacht“ mit den Jahren 2020, 2035 und 2050 als Eckdaten einzelner Entwicklungsphasen.

Mächtiger als Mao?

Auch wenn unter Xi Reformprozesse straff von oben nach unten verlaufen sollen, so sind die Debatten darüber, wie diese gestaltet werden könnten, alles andere als einheitlich. Angesichts der zahlreichen konkurrierenden Strömungen und der strategischen Interessensklüngel innerhalb der KPCh lohnt ein Blick zurück: Zwar sind die parteiinternen Debatten über den „richtigen“ Entwicklungsweg mit den Reformbeschlüssen von 2013 und der Verabschiedung des 13. Fünfjahresplans formal abgeschlossen – zumindest vorläufig.

Doch bei der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung wird die neue Machtbalance der Faktionen nach dem Parteitag eine zentrale Rolle spielen. In den vergangenen fünf Jahren hat Xi eine Rezentralisierung politischer Koordination und Steuerung durchgesetzt und zugleich mit der Re-Personalisierung chinesischer Politik auf höchster Ebene das Prinzip der kollektiven Führung partiell ausgehebelt. Viele Beobachter haben das bislang als Rückkehr zu einem autoritären, charismatischen Führungsstil mit dem Ziel der Machtmaximierung eingestuft: Xi sei heute so mächtig wie Mao Zedong, wenn nicht mächtiger.

Parallel hierzu aber sind seit 2013 zahlreiche Maßnahmen zum weiteren Ausbau des freien Marktes beschlossen worden, die eine Fortführung des neoliberalen Wirtschaftskurses und somit ein Festhalten am bisherigen Entwicklungsweg implizieren. Auch weiterhin steht die Wirtschaftspolitik der Volksrepublik in der Tradition der von Deng Xiaoping erwirkten Beschlüsse des 3. Plenums des 11. Zentralkomitees von 1978 zu „Reform und Öffnung“ – alle wichtigen Parteidokumente zum Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft verweisen auf eben dieses Plenum und konstruieren damit eine gerade Entwicklungslinie des chinesischen Einparteiensystems. Und Kontinuität – in Form der Weiterführung politischer Traditionen, symbolischer Praktiken und staatsphilosophischer Konzepte – gilt als ein elementarer Baustein der Legitimierung des Einparteienregimes. Deshalb warnten Berater die chinesische Regierung vor einem radikalen Systemumbau, mit dem diese Linearität durchbrochen würde.

Dieses Kontinuitätsnarrativ wird in der jüngsten politischen Debatte auf die Formel der „Neuen Normalität“ gebracht. Die Rede ist von einem neuen „Dauerzustand“, in den das System nach den kurzfristigen Erschütterungen im Zuge der Banken- und Finanzkrisen in den USA und Europa (2007/08) eingetreten ist. Oder noch genauer: Die KPCh verortet China nun in einer Phase, die sich in vielerlei Hinsicht von der „alten“ Normalität unterscheidet, wenngleich sie doch aus Gründen der symbolischen Legitimierung als Restabilisierung und Rückkehr zur (modifizierten) alten Ordnung ausgegeben wird. „Neu“ sind allerdings die aktive Förderung des Binnenkonsums und die Umsteuerung in Richtung Nachhaltigkeit – und auch die Idee, nicht länger im Auftrag und nach Vorgabe des Weltmarkts zu produzieren, sondern innovative Technologien zu entwickeln. So soll China zu einem führenden Zentrum der Weltwirtschaft aufgebaut werden.

Die gegenwärtigen Systemanpassungen erfolgen vor dem Hintergrund identifizierter Fehlentwicklungen, aus denen – so die Prognosen – früher oder später eine latente Systemkrise erwachsen könnte. Die negativen Begleit­erscheinungen der Wirtschaftstransformation hin zu einer kapitalistischen Marktwirtschaft (wenngleich formal eingebettet in ein System der zentra­listischen Wirtschaftsordnung) sind omnipräsent und bergen enorme Sprengkraft.

Dass bislang die Einheit des Systems trotz der an so vielen Stellen eklatanten sozioökonomischen Ungleichheit gewahrt werden konnte (und dies nicht primär durch gewaltsame Repression), zeugt durchaus von einer hochentwickelten Steuerungskompetenz der politischen Eliten. Als Schlüsselinstrument dieser staatlich generierten Systemkohäsion gilt, dass es der KPCh-Führung bislang noch stets gelungen ist, potenzielle Gegeneliten einzubinden oder zu kooptieren. Solange es für diese Gruppen von Vorteil ist, in Symbiose mit den Strukturen des Einparteiensystems zu agieren, sind keine revolutionären Reformforderungen zu erwarten.

Anders formuliert: Große Teile der Eliten sollten auch in Zukunft systemtreu agieren. Es sind vielmehr Konflikte zwischen Parteikadern der Lokalregierungen und der Bevölkerung, die das System nachhaltig destabilisieren könnten. Illegale Landnahme, Machtwillkür, Korruption und Amtsmissbrauch sind immer häufiger Auslöser lokaler Massenproteste – was auf dem 19. Parteitag auch zur Sprache kam.

Rückmeldung aus den Provinzen

Solange diese Proteste nach dem Prinzip des „rechtmäßigen Widerstands“ ablaufen, sie sich also auf zentralstaatlich zugesicherte Rechte und Gesetze berufen und die Formeln der offiziösen Politsprache der Partei verwenden, werden diese Bewegungen nicht automatisch unterbunden, sondern finden auf den übergeordneten Verwaltungsebenen durchaus Gehör. Denn über diese Proteste erhält die Zentrale in Peking eine Rückmeldung über die Lage in den Provinzen. An ihr kann sie dann oft erst ersehen, an welchen Schrauben nachgezogen werden muss, um sicherzustellen, dass das, was zentral verordnet wurde, auch vor Ort umgesetzt wird.

Dass Xi in seiner ­Parteitagsrede ­erklärte, es existierten in China grundlegende „Widersprüche“ (gemeint waren in erster Linie die latenten sozioökonomischen Interessenkonflikte in der Gesellschaft), lässt sich als Reminiszenz an Maos Lehre der Widersprüche verstehen. Doch gibt es einen entscheidenden Unterschied: Xi will keine Revolution, sondern setzt auf evolutionäre Lösungen durch den Aufbau eines „modernen“ zentralistischen sozialistischen Staatssystems unter Führung der Kommunistischen Partei.

„Dem Volk dienen“ lautete die ideologische Formel der revolutionären Mao-Ära. Auch weiterhin regiert die KPCh dem Anspruch nach „im Interesse“ und „im Dienste“ des Volkes. Nur hat sie sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte von einer revolutionären Kaderpartei zu einer Partei des gesamten Volkes transformiert. Da sich die soziale Schichtung der Bevölkerung ab 1978 wieder deutlich stärker ausdifferenziert hat, wird die Partei damit in eine Mittlerrolle zwischen den konkurrierenden sozioökonomischen Aufsteigern und den traditionellen Parteieliten hineingezwungen. Besonders brisant ist der mittlerweile von der KPCh zuletzt auf dem 19. Parteitag offiziell eingestandene Verlust der „sozialen Gerechtigkeit“, woraus eine Glaubwürdigkeitskrise für das ja eigentlich „sozialistische“ Einparteiensystem resultiert.

Zwar ist die Staatsführung darum bemüht, den Sozialismus-Begriff neu zu definieren und die Theorie des Marxismus unter Verweis auf die spezifischen chinesischen Entwicklungsbedingungen zu modifizieren. Nichtsdestotrotz arbeitet sie, insbesondere der linke Flügel der Partei um die Jugendliga-Faktion im Verein mit der Gruppierung der chinesischen Neuen Linken, an Maßnahmen, die – zumindest auf dem Papier – auf einen allgemeinen Ausgleich durch staatlich organisierte Umverteilungsmechanismen abzielen.

Dies unterstreicht, dass die Spannungen zwischen „sozialistischer“ Systemidentität und real gelebtem „Sozialismus“ auch aus Sicht der chinesischen Führung fortbestehen und eine Gefahr für das Überleben des politischen Regimes bedeuten. Dass es bislang nicht gelungen ist, alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen an Chinas neuem Reichtum partizipieren zu lassen, wird nicht zuletzt auf die Korruption und Disfunktionalitäten des Systems auf der lokalen Ebene zurückgeführt.

Generell zielen Xis Pläne auf eine stärkere Verrechtlichung der Politik ab. Konzipiert wird ein System der „Herrschaft durch Recht“ (rule by law), das im Unterschied zu einer „Herrschaft des Rechts“ (rule of law) die Parteieliten über das abstrakte Recht stellt. Recht wird gesetzt, bewahrt, gesprochen – für und im Interesse des Volkes, aber nicht durch das Volk. Der chinesische Rechtsstaat soll, so die Abschlusserklärung des 4. Ple­nums von 2014, umfassend ausgebaut werden. Um dies sicherzustellen, sollen die Unabhängigkeit der lokalen Gerichte gestärkt und diese dem allzu direkten Zugriff der lokalen Parteikader entzogen werden. Zudem wurde der Aufbau überregionaler Gerichte angekündigt.

Zur Konfiguration des chinesischen Rechtsstaats und zur Rolle der Verfassung in der Ausgestaltung des Zusammenspiels von Politik und Recht finden sich neben der offiziellen Parteilinie zahlreiche konkurrierende Denkmodelle. Diese sind zum Teil von westlich-liberalen Verfassungskonzeptionen inspiriert, aber auch von einem marxistischen Rechts- und Verfassungsverständnis. Hinzu kommen Rückgriffe auf rechtsphilosophische Elemente des Konfuzianismus und des Legalismus. Insgesamt werden also durchaus konkurrierende Ideen zusammengeschoben, um ein dezidiert „chinesisches“ Rechtskonzept zu konstruieren.

Wider das ­westliche Muster

Allerdings lehnen sowohl die Verfechter eines konfuzianischen als auch eines „sozialistischen“ Konstitutionalismus eine Regimetransformation nach dem Muster westlicher Demokratien ab. Liberale ­Ansätze gelten als mit dem Grundkonzept des chinesischen Modells nicht kompatibel, da sie auch die Partei dem Recht unterordnen und der Verfassung eine machtlimitierende Funktion zuschreiben.

Die Partei – in diesem Punkt ließ Xi Jinpings Parteitagsrede keinen Zweifel aufkommen – fungiert als Urheberin des Rechts wie auch zugleich als Wächterin der Gesetze. Die 2012 eingeleitete Antikorruptionskampagne und Maßnahmen zur Einschwörung der untergeordneten Verwaltungskader auf die ideologischen Grundformeln der KPCh werden von Parteiorganen koordiniert.

Die Partei erneuert und korrigiert sich selbst – und bindet das Volk hierbei nur insofern ein, als dass sie auf Meldungen und Berichte zu Fehlentwicklungen und Fehlverhalten reagiert. Die erfolgreiche Bekämpfung der Korruption ist für den Einparteienstaat eine Frage von „Leben oder Tod“ – Korruption gilt als Auslöser von Dynastiezusammenbrüchen in der chinesischen Geschichte.

Erweitert wird dies um die Einschätzung, dass stets umfassende Reformen und konkrete Maßnahmen erforderlich waren, um das System zu bewahren. Bloße Lippenbekenntnisse, „leere Reden“, reichten hierfür nicht aus, wie der Staats- und Parteichef mit Rückgriff auf Chinas Dynastiegeschichte erklärte.

Die Rolle des Rechts, die Konzeption von Gesetzen und die Sicherstellung ihrer Einhaltung sowie die Sanktionierung von Regelverstößen – all dies wurde und wird in der chinesischen Staatsphilosophie und politischen Historiografie über die Jahrhunderte hinweg immer wieder thematisiert.

Während konfuzianische Strömungen an moralische Verhaltensnormen appellieren, gehen Anhänger des chinesischen ­Legalismus davon aus, dass der Mensch von Natur aus böse sei, also eine gesellschaftliche Ordnung nur durch Gesetze und Strafandrohung erzwungen und aufrechterhalten werden könne.

Konfuzius, Han Fei, Carl Schmitt

Der vierten Führungsgeneration (Hu Jintao und Wen Jiabao 2002/03–2012/13) wird eine konfuzianisch geprägte Politikgestaltung nachgesagt. Xi Jinping setzt im Zuge des rechtsstaatlichen Neuaufbaus auf den chinesischen Rechtsphilosophen Han Fei (280–233 v. Chr.). Für Han Fei galt nicht die konfuzianische Moralordnung, sondern ein universelles Ordnungsprinzip (dao). Von dieser Grundnorm leitete er ein abstraktes universelles Rechtsverständnis ab und propagierte einen starken Staat.

Die Macht, Gesetze und Vorgaben des Gemeinwesens zu formulieren und Fehlverhalten zu sanktionieren, schrieb Han Fei allein dem Herrscher zu. Eine Delegation dieser Kompetenzen an untergeordnete Ebenen sah er als Gefahr, da hierdurch die Kontroll- und Steuerungsautorität des Herrschers geschwächt werden könnte. Chaos (luan) muss um jeden Preis vermieden werden, so ein Grundaxiom der chinesischen Staatsphilosophie.

In der chinesischen Forschung zu vormodernen Staatsrechtsdebatten werden immer wieder auch Parallelen zu Schlüsselwerken der „westlichen“ Rechtsphilosophie identifiziert. Trotz der Kampfansage an „westliche“ Werte läuft die Exegese der Schriften Carl Schmitts, der in der chinesischen Debatte als Vertreter einer staatszentristischen, instrumentalistischen Rechtskonzeption verstanden wird, in der Volksrepublik China weiterhin auf Hochtouren.

Außenpolitische Anspruchshaltung

Xi Jinping sprach auf dem Parteitag auch über die chinesische Außenpolitik im regionalen und globalen Kontext. Durchaus selbstbewusst präsentierte er das „sozialistische“ Modell Chinas als Alternative zu liberalen Demokratien; eine Übernahme fremder Systemelemente wies er zurück. Einmal mehr positionierte er China als ökonomisch erfolgreiche Meritokratie auf der neoliberalen Überhol­spur. Die von Xi immer wieder vorgetragenen Konzepte der globalen „Schicksalsgemeinschaft“ und des „neuen Typs der Beziehungen zwischen den Großmächten“ unterstreichen den aktiven Wunsch nach Mitsprache- und Mitgestaltungsrechten bei der Neugestaltung der globalen Ordnung.

Bereits im Februar 2017 hatte Xi bei einem Arbeitstreffen der Kommission für Nationale Sicherheit einen aktiven „Leitungs“-Anspruch ­Chinas formuliert mit Blick auf den „Aufbau einer gerechteren internationalen Ordnung“ und „die Wahrung der internationalen Sicherheit durch die internationale Staatengemeinschaft“ formuliert. Die Volksrepublik grenzt ihren Rollenanspruch hierbei mit dem Begriff des „(An)Leitens“ weiterhin deutlich von dem Konzept des „Führens“ ab.

Es besteht ein grundlegender Konsens, dass der Aufstieg China zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht hinter den USA nicht gegen, sondern eben gerade eingebunden in das bestehende internationale Institutionengefüge erfolgt und folglich auch an dieser neoliberal dominierten Ordnung festzuhalten sei. Mit seinen Reden auf dem APEC-Gipfel 2016 in Lima und auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 2017 hat sich Xi offiziell zum Prinzip des Freihandels bekannt. China ist und bleibt auf den internationalen Handel angewiesen, es kalkuliert diesen im Rahmen der „Neuen Seidenstraßen“-Strategie und der „Neuen Normalität“ aktiv in seine Entwicklungs- und Modernisierungsstrategie mit ein.

Wie Xi Jinping auf dem 19. Parteitag unterstrich, steht eine Abschottung und selbstgewählte Isolation Chinas nicht zur Debatte. Vielmehr exportiert China über die Neue Seidenstraße seine eigene Variation des Kapitalismus und formuliert zugleich globale Gestaltungsansprüche. Diese ergeben sich zum Teil aus innenpolitischen und entwicklungsstrategischen Handlungszwängen. Sie beruhen aber auch auf einer visionären Weltordnungskonzeption. In den kommenden Jahren wird hiervon im Zuge der Neuaustarierung der Kräfteverhältnisse und strategischen ­Allianzen der Faktionen im Zentralkomitee noch mehr zu hören sein.

Prof. Dr. Dr. Nele Noesselt lehrt und forscht zur Politik ­Chinas und Ostasiens an der Universität ­Duisburg-Essen.